25.07.2024
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Der Borkenkäfer
Ein kleiner Käfer als Gewinner des Klimawandels.
„Der Borkenkäfer: Ein kleiner Käfer als Gewinner des Klimawandels“
In den letzten Jahren hat sich der Borkenkäfer im gesamten Ötztal und somit auch in der Gemeinde Sölden stark vermehrt. Im vergangenen Sommer war die Käferdichte so hoch, dass stehende Bäume befallen und zum Absterben gebracht wurden. Als sichtbares Anzeichen sind die zahlreichen rotbraunen Bäume bzw. Baumgruppen aufgefallen.
Klimaerwärmung und Schadholz als Ursachen
Die derzeitige starke Vermehrung hat ihre Ursache in mehreren Faktoren: Das Grundproblem sind die zunehmend wärmeren Temperaturen während der Vegetationszeit in Kombination mit wiederkehrenden Trockenperioden. Zum einen begünstigt dies die Entwicklung des Borkenkäfers. Als Insekt ist sein Entwicklungs- und Lebenszyklus nämlich stark von der Temperatur abhängig: Je höher die Temperatur, umso höher ist die Aktivität und umso kürzer wird der Zeitraum für die Entwicklung vom Ei bis zum Käfer. Zum anderen schwächen die hohen Temperaturen und die Trockenheit den Wald. Unmittelbarer Auslöser für die derzeitige Massenvermehrung war der große Schadholzanfall im mittleren und vorderen Ötztal im Dezember 2020. Dadurch war sehr viel Brutmaterial für die optimale Vermehrung der Borkenkäfer vorhanden.
Üblicherweise entwickelt sich in unserem Bezirk während eines Jahres eine Generation Jungkäfer, im Inntal maximal eine zweite. Getrieben von den wärmeren Temperaturen geht die Entwicklung in jüngster Zeit schneller, eine zweite Generation entwickelt sich häufig, zum Teil auch schon eine dritte. Dadurch explodiert die Käferpopulation, legt doch ein Weibchen im Schnitt ca. 40 Eier. Bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1 ergibt das bei einer Generation 40, bei einer zweiten 800 und bei einer dritten Generation 16.000 Nachkommen pro Weibchen. Ausgehend von einem befallenen 4 m langen Baumstamm können sich in einem Sommer bis zu 3 Millionen Jungkäfer entwickeln.
Nur so groß wie der Kopf eines Streichholzes
Allgemein als Borkenkäfer bezeichnet, handelt es sich genau genommen um den „Achtzähnigen Fichtenborkenkäfer“. Er ist auf die Fichte spezialisiert. Normalerweise werden Bäume bzw. Holz mit reduziertem Saftfluss wie zum Beispiel frisch geschlägertes Holz oder geschwächte und kranke Bäume befallen. Ist das Holz nämlich zu trocken, so ist es für den Borkenkäfer ungeeignet, und ein gesunder Baum kann durch verstärkten Harzfluss einbohrende Käfer abwehren. Mittlerweile ist der Käferbestand jedoch so hoch, dass auch stehende und gesunde Bäume erfolgreich befallen werden.
Seine Nachkommen entwickeln sich in der saftführenden Schicht zwischen der Rinde und dem Stammholz. Die Weibchen bohren hier in der Falllinie verlaufende Gänge und legen beidseitig davon die Eier ab. Die Larven fressen sich in der Folge in horizontaler Richtung durch diese saftführende Schicht. Dadurch werden die Wasser- und die Nährstoffzufuhr in die Krone unterbunden, der Baum vertrocknet und stirbt ab. Den Winter verbringen die Käfer entweder in befallenen Bäumen oder im Boden.
Fangbäume als Sofortmaßnahme
In der Gemeinde Sölden sind im vergangenen Jahr dem Borkenkäfer, verteilt auf zahlreiche Flächen, ca. 750 fm stehendes Holz zum Opfer gefallen. Das befallene Holz konnte zur Gänze aufgearbeitet werden. Nun gilt es, die im Wald verbliebenen Käfer beim ersten Schwärmen „abzufangen“. Dazu werden im Frühjahr gezielt Baume gefällt. Ziel ist, dass die Käfer nach dem überwintern das umgeschnittene Holz befallen und nicht stehendes. Mit diesen „Fangbäumen“ soll der Käfer mitsamt der angelegten Brut aus dem Wald transportiert werden. Diese Maßnahme wird im Frühjahr und Vorsommer ein Arbeitsschwerpunkt für den Gemeindeförster und seine Mannschaft sein.
Gesunde und gepflegte Wälder sind weniger anfällig
Gesunde und gepflegte Mischwälder sind vitaler und stabiler. Sie können sich leichter an die Klimaänderung anpassen und sind weniger gefährdet durch Witterungsextreme wie zB Stürme oder Trockenheit. Zudem sind sie besser gegen einen massenhaften Befall durch Borkenkäfer geschützt, da neben Fichten auch andere Baumarten vorkommen und vitale Bäume nicht so leicht befallen werden können.
Wichtig ist auch die rasche Aufarbeitung von Schadholz, um dem Käfer die Brutstätte zu entziehen. Liegt ein Befall vor, dann gilt es, die befallenen Stämme rasch aus dem Wald zu bringen, bevor sich die im Stamm abgelegten Eier zu Jungkäfern entwickeln können. Wird der Befall rechtzeitig erkannt, kann alternativ auch entrindet oder notfalls begiftet werden.
Ing. Reinhard Köfler – Talförster, Bezirksforstinspektion Imst